12. Oktober 2018, 09:39

DAX stabilisiert sich zunächst – Tage des Bullenmarktes könnten gezählt sein

Aktien stehen als Investments, die im Kurs fallen können, in direkter Konkurrenz zu Anlagen, bei denen solche Kursverluste im Vorfeld nicht auftreten können, namentlich festverzinsliche Anlagen. Lange Zeit sind Aktien gestiegen, man hatte also Kursgewinne, zehn Jahre lang, eine so lange Zeit wie niemals zuvor, und zusätzlich gab es Dividenden. Also ein fantastisches Investment.

Doch die relative Attraktivität von Aktien im Vergleich zu Festverzinslichen hat sich ausgerechnet an der Wall Street massiv verschlechtert. Aktien bewegen sich seit Jahresbeginn seitwärts. Wahrscheinlich weil sich die Attraktivität von Anlagen ohne Kursverlustrisiko erhöht hat. Leiht man der US-Regierung für zwei Jahre Geld, erhält man von ihr pro Jahr fast drei Prozent und bekommt nach zwei Jahren ? und das ist wichtig – sein ganzes eingesetztes Kapital zurück. Dieser Zins ist doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Natürlich haben auch Aktien eine fortlaufende Rendite, sofern das Unternehmen Gewinne ausschüttet. Die Dividendenrendite im S&P 500 Index liegt aber nicht bei drei, sondern nur bei 1,7 Prozent, und sie hat sich auf Jahresfrist nicht verdoppelt, sondern ist leicht zurückgegangen. Um die Dividendenrendite im S&P 500 Index auf nahe drei Prozent zu heben, müsste der Index um 40 Prozent fallen. Und da liegt der Hund begraben. Deswegen redet jeder so viel über steigende Zinsen. So stark ist die Diskrepanz zu Staatsanleihen geworden.

Der einzige Grund, warum Anleger über die vergangenen zwölf Monate Aktien gekauft haben, war höchstwahrscheinlich die Erwartung steigender Kurse. Und das bringt uns zum Kursgeschehen in dieser Woche. Wir könnten hier das vermeintliche Ende des Versuchs gesehen haben, den Bullenmarkt an der Wall Street fortzusetzen. Technisch betrachtet muss man davon ausgehen, solange der S&P 500 unter seinem Hoch aus dem Januar bleibt.

Kommentare sind geschlossen.

Jochen Stanzl

Jochen Stanzl ist Chef-Marktanalyst bei CMC Markets in Frankfurt. Davor war er über 15 Jahre bei der BoerseGo AG als Finanzmarktanalyst tätig.